Die goldene Ära der Kleinunternehmer auf der Internet-Auktionsplattform eBay scheint sich dem Ende zuzuneigen. Die Zukunft gehört den großen, als zuverlässig geltenden Händlern, die ihre Waren zu festen Preisen über das Online-Portal anbieten.
Dies geht aus einem aktuellen Bericht der New York Times hervor, der das Auktionshaus in einem grundlegenden Umbruch sieht. Vor allem die im Mai bekannt gewordene Kooperation mit dem US-amerikanischen Online-Händler Buy.com habe deutlich gezeigt, dass sich die Unternehmensstrategie von eBay in letzter Zeit grundlegend gewandelt habe. Der Deal sieht vor, dass der Internet-Handelsgigant Buy.com einen Großteil seines Katalogs auch über eBay verkaufen darf. Beide Unternehmen versprechen sich davon neuen Schwung für ihr Geschäft – auf der Strecke bleiben die kleinen Anbieter. Die haben dem umfangreichen Angebot von Buy.com, das mit umfangreichem Service wie kostenlosem Versand und Kunden-Hotline aufwarten kann, nichts entgegen zu setzen.
Zukunft gehört den Großhändlern
"eBay hat eindeutig signalisiert, dass seine Zukunft den Großhändlern gehört und nicht den kleinen Tante-Emma-Läden", stellt Tim Boyd, Internetanalyst des Marktforschungsunternehmens American Technology Research, gegenüber der New York Times fest. Der Deal mit Buy.com, der über fünf Millionen neue Fixpreisangebote auf die Online-Auktionsplattform gebracht habe, sei in dieser Hinsicht richtungsweisend.
Unzufriedenheit bei kleinen Händlern wächst
Die Unzufriedenheit der Kleinunternehmer sei nur zu gut zu verstehen. Für besonderen Unmut sorgt dabei, dass der neue Vorzeige-Verkäufer Buy.com vermutlich keine Einstellgebühren für seine Angebote zu zahlen hat. Denn eigens für den Deal hatte eBay die neue Kategorie der Diamond Powerseller eingeführt – eine neue Kategorie für strategische Partner, die ihre Gebühren frei mit dem Online-Auktionshaus verhandeln dürfen. Großhändler hätten es zudem leichter, durch Angebote wie kostenlose Lieferung ihre Feedback-Bewertungen in die Höhe zu schrauben, was wiederum dazu führt, dass ihre Produkte bei Suchanfragen auf eBay weiter vorne gelistet würden, heißt es von den Kleinunternehmern.
Existenz tausender Händler in Gefahr
Hintergrund der Strategieänderung ist laut dem Bericht der New York Times ein rückläufiges Interesse der Nutzer an Online-Auktionen. Während eBay mit Zuwachsproblemen zu kämpfen habe, könnten Konkurrenten wie Amazon bei Konsumenten mit fix festgelegten Preisen und einem vergleichsweise riesigen Produktangebot punkten. Für den erhofften Wachstumsschub setzt eBay dabei jedoch seine eigene Verkaufskultur aufs Spiel: Mit vielen großen Händlern verliert das Auktionshaus sein Image als Schnäppchenparadies für Jäger und Sammler, die Existenz zahlreicher kleiner Händler, die sich auf den Handel bei eBay spezialisiert haben, stünde auf dem Spiel. "Das ist das tragische Ende einer einstmals warmen und kuscheligen Silicon-Valley-Story", sagte Marktforscher Boyd.
eBay weist die Vorwürfe zurück
eBay will sich diese Vorwürfe jedoch nicht gefallen lassen. Die eingegangene Kooperation mit Buy.com bedeute keineswegs die Abkehr vom grundsätzlichen Modell einer Auktionsplattform. Durch die Zusammenarbeit wolle das Unternehmen vielmehr versuchen, das Einkaufserlebnis auf dem Online-Portal zu erweitern. Durch die neuen Fixpreisangebote hätten Konsumenten nun die Möglichkeit, ihren Online-Einkauf wesentlich "vorhersagbarer" abzuwickeln. Und tatsächlich könnten vermehrte Angebote von großen und zuverlässigen Händlern die Gefahr verringern, bei eBay-Auktionen auf Betrüger hereinzufallen.
Das Ende einer Ära
Gleichzeitig räumt der Internetkonzern aber auch ein, sich vermehrt Gedanken über die eigene Positionierung am Online-Markt der Zukunft zu machen. "Offen gesagt stellen wir gerade einige der zentralen Annahmen, die wir über unser Geschäftsfeld haben, in Frage", erklärt etwa Stephanie Tilenius, General Manager von eBay Nordamerika. "Anstatt sich darauf zu beschränken, ein Online-Auktionshaus zu sein, wollen wir auch darüber nachdenken, was es braucht, um den besten Marktplatz im Netz zur Verfügung zu stellen", ergänzt Tilenius. Sollte eBay tatsächlich irgendwann zu einem großen Teil nur noch mit Handelsriesen kooperieren, dann wäre dies das Ende einer Ära im Internet.
Online-Auktionshaus steht vor radikaler Reformkur
Bereits Ende Januar dieses Jahres hatte eBay mit Änderungen des Gebühren- und Bewertungssystems den Unmut der Verkäufer auf sich gezogen. Hinter der Umstrukturierung steht dabei der neue Präsident und Geschäftsführer des Unternehmens, John Donahoe, der den Online-Marktplatz einer radikalen Reformkur unterziehen will. Ob diese Strategie Erfolg haben wird, ist indes fraglich. Ohne seine Kleinanbieter könnte eBay zu einem unter vielen Online-Händler werden, der Auktionsgedanke würde verschwinden. In einem Showdown mit dem dann direkten Konkurrenten Amazon dürfte der Konzern deutlich Federn lassen. Der Verlierer dieses Duells steht jedoch jetzt schon fest: die eBay-Gemeinde.
Quelle: http://computer.t-online.de/c/15/61/85/ ... ,si=0.html
.Statistik: Verfasst Author: xanadu — 16.07.2008, 04:52
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