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Heckhoff und Michalski vor Gericht: Lebenslang, Ausbruch, le

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Heckhoff und Michalski vor Gericht: Lebenslang, Ausbruch, le

UNREAD_POSTAuthor: xanadu » 19.05.2010, 22:03

19.05.2010

Von Julia Jüttner

Fesseln, Käfig, Sprechverbot: Für die Häftlinge Michael Heckhoff und Peter Paul Michalski gilt die höchste Sicherheitsstufe.
Im November flohen sie aus der JVA Aachen und nahmen fünf Geiseln.
Jetzt stehen sie vor Gericht - und wollen sich über unmenschliche Haftbedingungen beschweren.

Hamburg - Kein Plastikbesteck mehr.
Seit wenigen Tagen darf Peter Paul Michalski wieder mit Messer und Gabel aus Metall essen.
Dreimal am Tag. Eine Stunde darf er auf dem Hof im Kreis gehen.
In voller Fesselung und nur, wenn die anderen Häftlinge weggeschlossen sind.
Die restlichen 23 Stunden hockt er allein in seiner Zelle mit einem Bett, einem Klo und einem Radio. Michalski sitzt in Isolationshaft in der Justizvollzugsanstalt Bielefeld (JVA).
Er darf mit niemandem sprechen und niemand mit ihm.

140 Kilometer entfernt, in der JVA Bochum, hat auch Michael Heckhoff Sprechverbot.
Einmal pro Tag darf er im sogenannten "Käfig", einem eingezäunten Kasten unter freiem Himmel, seine Runden drehen - begafft von anderen Häftlingen.
Wer ihn anredet, bekommt Ärger.
Wenn Heckhoff spricht, wird er wieder in seine Einzelzelle gesperrt.

Die beiden Schwerverbrecher sollen für ihren spektakulären Ausbruch aus dem Aachener Gefängnis büßen:
Am 26. November vergangenen Jahres waren Heckhoff und Michalski mit Hilfe eines JVA-Angestellten aus dem Hochsicherheitstrakt geflohen - beide schwer bewaffnet mit JVA-Dienstpistolen der Marke Heckler & Koch samt 16 Schuss Munition.
Ein kleines Wunder ist es, dass in den Tagen ihrer Flucht keine ihrer fünf Geiseln schwer verletzt wurde oder gar ums Leben kam.

Ab Donnerstag stehen Heckhoff und Michalski vor dem Landgericht Aachen, angeklagt wegen schwerer räuberischer Erpressung, erpresserischen Menschenraubes und Geiselnahme.
Beide sind bereits zu lebenslanger Haft und Sicherungsverwahrung verurteilt.
Sie haben nichts mehr zu verlieren.

Heckhoff verbrachte 15 Jahre in Einzelhaft
Wird das Gericht die Haftzeit der beiden Schwerkriminellen schlichtweg verlängern, wird man sie mit einer zweiten Sicherungsverwahrung weiterhin wegschließen?
Oder wird im Rahmen des Prozesses auch der Umgang der Gesellschaft mit Langzeithäftlingen und deren Chancen auf eine Rückführung diskutiert?

Auf letzteres hoffen die Verteidiger der beiden Angeklagten: Heckhoffs Rechtsanwalt, Rainer Dietz aus Aachen, will das Verfahren nutzen, "um Missstände im Vollzug" aufzuzeigen.
Speziell die JVA Aachen sei laut Heckhoff "ein regelrechter Sumpf", so Dietz. Michalskis Verteidiger, Andreas Chlosta aus Bielefeld, sagt: "Der Kernpunkt des Vollzugs ist Resozialisierung.
Nur, gibt es überhaupt ein Gesamtkonzept?"

Heckhoff ist 51 Jahre alt. 25 Jahre seines Lebens verbrachte er im Gefängnis, 15 davon in Einzelhaft.
Bevor er in die JVA Aachen kam, saß er in Köln ein.
Dreimal im Jahr durfte er damals unter Aufsicht seine Tante oder seine Bekannte besuchen.
Im Jahr 2008 wurde ihm sogar in Aussicht gestellt, 2014 noch mehr Freiheiten zu bekommen, sagt sein Verteidiger.

Doch Schwerkriminelle wie der gebürtige Mülheimer müssen in unregelmäßigen Intervallen zwischen drei und fünf Jahren die JVA wechseln, damit sie keine festen Bindungen zu anderen Gefangenen oder dem Gefängnispersonal aufbauen können.
So landete Heckhoff im Frühjahr 2009 im Hochsicherheitstrakt von Aachen.
Plötzlich seien ihm seine begleiteten Freigänge - sogenannte Ausführungen - gestrichen worden, sagt Dietz. "
Heckhoff hatte von der Anstaltsleitung erfahren, er brauche sich für die nächsten 15 Jahre keine Hoffnungen auf Haftentlassung zu machen.
Diese Perspektivlosigkeit setzte ihm zu."

"Er wird einiges zu sagen haben"
In Heckhoffs Auftrag verklagte Dietz im September 2009 die JVA Aachen, das Verfahren läuft noch.
Dass sein Mandant einen Monat später fliehen würde, sei damals nicht absehbar gewesen.
"Dafür gab es keinerlei Anhaltspunkte", erklärt Dietz.
Der Ausbruch sei vielmehr eine "Spontanentschluss" gewesen, die "ohne Hilfe von innen nicht funktioniert" hätte.

Heckhoff wird sich zum Prozessauftakt am Donnerstag weder zu den Tatvorwürfen noch zu seiner Person einlassen, kündigt sein Anwalt an.
"Aber wenn er sieht, dass sich das Gericht für die Zustände in der JVA interessiert, wird er zur für ihn fragwürdigen Politik der Anstaltsleitung einiges zu sagen haben, was dieser sicherlich nicht gefallen wird", konstatiert Dietz.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft hat Heckhoff die ihm vorgeworfenen Taten in den Vernehmungen weitgehend gestanden.

Sein Kompagnon Michalski ist heute 46 Jahre alt, ein verurteilter Mörder und besonders gewalttätiger Mehrfachtäter:
1993 erschoss er im Hafturlaub einen Mittäter - und erhielt dafür eine lebenslange Haftstrafe.
Das Bielefelder Landgericht stellte im März 1995 die besondere Schwere der Schuld fest.

Seine Strafe musste er im "Kühlschrank" absitzen
Insgesamt saß Michalski 17 Jahre in Isolationshaft.
In der JVA Bochum musste er beispielsweise seine Strafe im sogenannten "Kühlschrank" absitzen.
Das heißt: Man darf keine persönlichen Gegenstände mit in die Zelle nehmen.
Am Abend musste sich Michalski komplett ausziehen, seine Kleidung in einen Karton stecken, den Karton aus der Zelle reichen.
Im Gegenzug bekam er einen Schlafanzug und Pantoffeln ausgehändigt.

Michalski kennt durch die Rochaden, bei denen Schwerkriminelle von einem Gefängnis ins andere verschoben werden, so ziemlich jeden Knast in Nordrhein-Westfalen.
Anfang 2006 war er von der JVA Wuppertal nach Aachen verlegt worden.

Nach Angaben seines Anwalts will sich Michalski im bevorstehenden Prozess erstmals zu den Tatvorwürfen äußern, im Mittelpunkt seiner Erklärung soll sein Motiv stehen.
"Unserer Ansicht nach war es zu erwarten, dass es zu solch einer Katastrophe kommt", sagt Chlosta. Michalski habe sich in einem "Tunnel ohne Aussicht" befunden, der stete Wechsel von Gefängnis zu Gefängnis und das Gefühl, ständig wieder bei null anfangen zu müssen, hätten ihn zermürbt.

Häftlinge wie sein Mandant seien "eine harte Linie" gewohnt und würden sich der auch beugen, "aber sie wollen sich eben auch nicht mit falschen Versprechungen verarschen lassen", sagt Chlosta.

Michalski habe nicht geglaubt, dass die Haftbedingungen für ihn noch schlimmer werden könnten.
Doch es ging schlimmer:
Seit dem spektakulären Ausbruch darf er seinem Anwalt jetzt nur noch mit einem ledernen Bauchgurt begegnen, an dem seine Handschellen befestigt sind.
Als er sich vor kurzem beim Hofgang bückte, um ein herabgefallenes Blatt vom Boden aufzuheben, wurde er seinem Verteidiger zufolge sofort ins Gebäude zurückgescheucht.
Dort musste er sich ausziehen, weil das JVA-Personal sicherstellen wollte, dass er nichts an sich genommen hatte.

Warum Heckhoff und Michalski ihren Helfer nicht verpfeifen
Die Jahre im Gefängnis haben die beiden Schwerkriminellen geprägt.
Dennoch - oder gerade deswegen - gilt für sie eine Art Ehrenkodex:
Michalski schwieg bislang in den Vernehmungen.
Heckhoff tischte den Ermittlern eine haarsträubende Geschichte auf, wonach er und Michalski heimlich einen Generalschlüssel fotokopiert und anschließend in der Anstaltsschlosserei ein Duplikat zurechtgefeilt hätten.
Damit wollen sie in den Innenhof gelangt sein, bevor sie dann zwei JVA-Beamte überwältigt und sich die geladenen Pistolen besorgt hätten.

Beide haben bislang ihren mutmaßlichen Helfer geschützt:
Der 40 Jahre alte Michael K. aus Geilenkirchen-Beeck, der seit 1994 in der JVA Aachen arbeitete, sitzt wegen Beihilfe zur schweren räuberischen Erpressung und Geiselnahme sowie Bestechlichkeit, Gefangenenbefreiung und Verstoß gegen das Waffengesetz mit auf der Anklagebank.
Er war einen Tag nach dem Ausbruch festgenommen worden.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Michael K. den beiden Gefangenen am Abend des 26. November im Hafthaus 4 zur Flucht verhalf.
Eine Überwachungskamera zeigt drei dunkle Gestalten auf einer Treppe, eine davon trägt ein hellgrünes Hemd.
Hellgrün sind die Uniformhemden der Justizbediensteten.
Eine andere Kamera hat aufgezeichnet, wie sich Michalski und Heckhoff durch ein Schiebetor in die Fahrzeugschleuse zwängten und dort einen weiteren Bediensteten überwältigten und knebelten.
Die Handschellen, mit denen der Mann gefesselt wurde, stammen aus dem Bereich der Pforte, wie sich an der eingravierten Seriennummer feststellen ließ.

Winkend schlenderten die Ausbrecher aus dem Hochsicherheitstrakt
K. soll die zwei Dienstpistolen der Marke Heckler & Koch samt Munition in einer automatisch gesteuerten Schublade deponiert haben, zu der die beiden Ausbrecher von der Fahrzeugschleuse aus Zugriff hatten.
Um 20.06 Uhr dokumentiert eine weitere Überwachungskamera schließlich, wie sich das Außentor der Schleuse öffnet und Heckhoff und Michalski seelenruhig und winkend aus dem Gefängnis spazieren.

Den Ermittlungen zufolge sollen sie ihrem Helfer 200.000 Euro versprochen haben, die sie mit Banküberfällen erbeuten wollten.
Michael K. hatte jedoch nach seiner Festnahme die Handy-Nummer der Geflohenen verraten.
So konnte, nachdem Heckhoff gefasst war, die Position Michalskis geortet und er schließlich auf einem silbernen Damenrad im Kreis Wesel gefasst werden.

K.s Kölner Verteidiger Thomas Gros wollte im Vorfeld des Prozesses keine Angaben zu den Vorwürfen gegen seinen Mandanten machen, kündigte jedoch an, dass sich dieser "voraussichtlich nicht äußern" werde.

Für Heckhoff und Michalski entscheidet sich mit dem bevorstehenden Prozess, wie für sie die nächsten zwanzig, dreißig Jahre hinter Gittern aussehen werden.
"Ein Fünkchen Hoffnung ist da, dass man ihm zuhört und ihn ernst nimmt", sagt Michalskis Verteidiger.
"Er hätte einfach gern eine Antwort auf die Frage:
Wie sollen Menschen wie er wieder in die Gesellschaft integriert werden?"


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Ausbrecher-Prozess: Geständnis am ersten Prozesstag !

UNREAD_POSTAuthor: xanadu » 20.05.2010, 22:13

20.05.2010

Zu Beginn des Aachener Ausbrecher-Prozesses hat die Verteidigung des mutmaßlichen Fluchthelfers das Vorgehen der Staatsanwaltschaft kritisiert.
Der Versuch des Anwalts, Landesjustizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter als Zeugin zu hören, scheiterte.

Mit einer Fülle von Anträgen begann am Donnerstag (20.05.10) der Prozess gegen die beiden Gefängnisausbrecher Michael Heckhoff und Peter Paul Michalski vor dem Aachener Landgericht.
Beiden wird schwere räuberische Erpressung, erpresserischer Menschenraub und Geiselnahme vorgeworfen.
Mitangeklagt ist auch ein Beamter der Justizvollzugsanstalt (JVA), der beiden Ende November 2009 zur Flucht verholfen haben soll.
Er sitzt wegen Beihilfe, Bestechlichkeit und Gefangenenbefreiung auf der Anklagebank.
Angeblich sollte er im Gegenzug für seine Hilfe von den beiden Ausbrechern einen Anteil der Beute aus geplanten Banküberfällen erhalten.

Antrag zur Einstellung des Verfahrens
Noch vor der Verlesung der Anklageschrift beantragte der Verteidiger des JVA-Beamten, das Verfahren einzustellen.
Er argumentierte, die Anklage habe die Unschuldsvermutung außer Kraft gesetzt, indem sie im Vorfeld des Prozesses "gezielte Informationen an die Presse lanciert" hätte.
Bei der Ermittlungsbehörde habe es "undichte Stellen" gegeben.
Daraus seien Informationen geflossen, noch bevor die Verteidiger Akteneinsicht bekommen hätten.
"In dieser Detailverliebtheit ist das unzulässig", sagte der Anwalt.
Er forderte zudem, Landesjustizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter als Zeugin zu vernehmen.
Sie habe an der "Kampagne" gegen seinen Mandanten mitgewirkt.
Das Verhalten der Ermittlungsbehörden habe das Grundrecht eines fairen Verfahrens verletzt.
Das Verfahren gegen seinen Mandanten müsse daher eingestellt werden.
Die Verteidiger der beiden Ausbrecher schlossen sich dem Antrag auf Einstellung des Verfahrens nicht an.
"Herr Heckhoff ist schuldig!", erklärte dessen Anwalt.

Staatsanwalt soll womöglich als Zeuge aussagen
Die Staatsanwaltschaft wies den Vorwurf der Vorverurteilung zurück.
Es habe nur eine schriftliche Pressemitteilung mit den Anklagepunkten gegeben.
Ob mündlich etwas durchgesickert sei, dazu konnte der verhandelnde Staatsanwalt nichts sagen, da er mit der Pressearbeit nicht betraut gewesen sei.
Das Gericht wies die Anträge des Anwalts zurück, überlegt aber, den Staatsanwalt, der damals für die Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich war, als Zeugen zu vernehmen.

In ihrer Anklageschrift bezeichnet die Staatsanwaltschaft Michalski und Heckhoff als "hoffnungslos kriminell".
Die beiden neigten zu "schwersten Straftaten" - eine Neigung, die den Charakter "nicht mehr behandelbarer Verhaltensmuster" aufweise.
Oberstaatsanwalt Alexander Geimer sagte, dass die Anordnung einer weiteren Sicherungsverfahrung für beide erforderlich sei.

Michalski gesteht, die beiden anderen schweigen
Von den Angeklagten selbst war am ersten Prozesstag nur wenig zu hören.
Sowohl der angeklagte Vollzugsbeamte als auch Michael Heckhoff schwiegen zu den Vorwürfen.
Einzig Peter Paul Michalski war vor Gericht geständig:
"Die mir vorgeworfenen Taten räume ich im Kern ein".
Er entschuldigte sich dafür, dass er verschiedenen Menschen in den Tagen seiner Flucht "Angst bereitet" habe.
Detaillierte Angaben zur Flucht machte er nicht.
Stattdessen kritisierte er die Zustände in den NRW-Gefängnissen, die ihm keinerlei Perspektive geboten hätten.
Die strengen Sicherheitsmaßnahmen seinen dann auch der Grund für die Flucht gewesen.
Zur Rolle des mutmaßlichen Fluchthelfers äußerte er sich ebensowenig wie sein Komplize Michael Heckhoff.


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